Zum 30. Mal findet heuer also der Tuntenball statt, zum 30. Mal schmeißt man dieses Fest wie Confetti – bunt, schrill und eigenartig. Das war es von Beginn an und doch hat sich einiges verändert. Im Vereinsraum der RosaLilaPantherinnen erinnert sich Hans-Peter Weingand, alias „Wüschi“, an den ersten aller Tuntenbälle. Der war schon ziemlich skandalös und irrsinnig geil.
von Johanna Egger
Damals war vieles anders. Es gab ein einziges Café für die schwul-lesbische Communitiy in Graz, keine Organisation, keine Angebote. Um 1989 wurden dann erstmals in einem Alternativreferat homosexuelle Dinge mitgedacht, wie sich „Wüschi“ erinnert. Erstmals gab es eine Homoberatung, die österreichische Hochschülerschaft stellte Geld zur Verfügung. Man traf sich in den Räumen der AIDS-Hilfe, mit der man zusammen arbeitete. Die Präventionsmaßnahmen waren in Österreich von Beginn an sehr szenennah. Vieles wurde damals für Homosexuelle erreicht, vieles war nun möglich, vieles schien sich zu ändern.
„Moch ma a Festl“
Man wollte eine Diskussion starten. Man wollte feiern. Man wollte schwul sein und das zelebrieren. Die Feierkultur der Berliner Schwulenszene, das Crossdressing, die Kostümierung – all das sollte Teil des neuen Festes sein, da waren sich die Organisatoren einig: „Wir wollten ein Festl machen. Sehr schwul sollte es sein.“ Der Kostümball sollte ein internes Signal in der Szene setzten und dabei vor allem den Spaßfaktor an erste Stelle reihen.
Lange schien es aussichtslos, einen Veranstaltungsort für einen Tuntenball zu finden. In großen Gaststätten erhielt man keine Zusage. Schließlich bot ihnen die Leiterin der ÖH die Mensa an: „Jeder hat das Recht zu feiern, macht’s es bei uns“, soll sie gesagt haben. Und so kam es dann auch. Man verteilte Flugzettel und betrieb Mundpropaganda, im Grunde blieb der erste Tuntenball aber eine Insiderveranstaltung. Doch die fühlte sich ganz gut an.
Dosenmusik und Diskolicht
Die raumhohen Glasfenster der Mensa wurden verhüllt, gefeiert wollte nicht in einem Schaufenster werden. Die Musik dröhnte aus der Dose, die Gastro von der Mensa, die Besucher aus der Grazer Schwulenszene. Kaum Frauen, keine Heteros. Zu Mitternacht traten lokale Künstler auf. Das Fest war ein Skandal, ja. Weil alles damals ein Skandal war. Doch es war ein Fest, wie man es sich gewünscht hatte: Es war schrill und bunt und ausgelassen. „Ich würde nicht sagen, dass damals etwas besser war, aber eben vieles anders“, sagt „Wüschi“ rückblickend.
Der Tuntenball wuchs sehr schnell, schon in den frühen 90ern zog es auch Heteros auf den Ball. Doch diese veränderten den Kostümball nicht, sie ließen ihn wachsen. „Der Ball musste für den Congress natürlich erst groß werden. Open-Minded Heteros sind ein Bestandteil dessen.“
Heute, 29 Tuntenbälle später, füllen weit über 2000 Besucher den Congress in der Grazer Innenstadt. Diversität wird heute wie damals gefeiert. Nur der Rahmen wurde größer. Die Zeiten anders. Und doch bleibt der 30. Tuntenball – wie der Allererste – ziemlich skandalös und irrsinnig geil.