Transphobie – leider noch längst kein Fremdwort

Was macht uns Menschen aus?

Wir alle sind gleich an Würde, haben ein Recht auf individuelle Geschlechtsidentität und eine damit verbundene Privatsphäre, die es zu schützen gilt. Diese Bestimmungen befinden sich sinngemäß nicht nur in der Europäischen Menschenrechtskonvention, sondern beschreiben auch die menschliche Vielfalt. Umso trauriger ist es, dass Transphobie – oder Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität allgemein – immer noch viel zu verbreitet ist. Eine betroffene Person schildert uns in einem kleinen Einblick die größten Hürden im Alltag.

von Lena Notter

“OMG Uschi! Du kannst Leute nicht einfach fragen was sie in der Hose haben.” Schilder von der heurigen Europride in Wien, mit denen bewusst auf den richtigen Umgang mit Transidentität aufmerksam gemacht wurde. © Samuel

Normen, die keine sind

Ob draußen auf der Straße, im Taxi oder beim Feiern in einem Club – Transphobie im Alltag hat viele Facetten und reicht von eindringlichen Blicken bis hin zu körperlichen Übergriffen. Der Begriff beschreibt eine allgemeine Abneigung gegenüber Menschen, die in ihrer Geschlechtsidentität oder in ihrem Auftreten von der dominierenden Norm „Mann und Frau“ abweichen. Laut einer im Mai 2013 veröffentlichten Studie von der „Agentur für öffentliche Grundrechte“ (FRA), wurden 35 Prozent der Transgender-Personen innerhalb der letzten fünf Jahre wegen ihrer Geschlechtsidentität körperlich oder verbal angegriffen. Auch Todesfälle sind auf globaler Ebene keine Seltenheit. Ein Gedenktag am 20. November erinnert jedes Jahr an die Opfer.

Wir wollen ein Zeichen setzen!

Egal in welchem Ausmaß, eines haben all diese Verhaltensweisen und Angriffe gemeinsam: Sie überschreiten Grenzen, und das bewusst und unberechenbar. Um dagegen vorzugehen, hilft oft nur eines: Aufklärung und Bildung. Der Anfang sollte hier in der LGTBQIA+ Community selbst geschehen. Denn leider ist auch dort Transphobie keine Seltenheit, wie uns Samuel (32) aus Graz erzählt. Er ist trans* und beteiligt sich aktiv, unter anderem bei queeren Kaffees und Stammtischen wie dem T~Kränzchen.

Samuel weiß aus eigener Erfahrung, wie schmerzhaft sich transphobe Kommentare anfühlen können.

„Kann ich mit dem/der flirten?“

Eine zentrale Frage, die laut Samuel eine wichtige Rolle spielt und unangemessene Vorfälle erklärt, aber noch längst nicht rechtfertigt. Wenn beispielsweise Menschen in der Öffentlichkeit auf transidente Personen treffen, die nicht in das eigene Schema von Geschlechtskategorien passen, können Unsicherheiten in Bezug auf Begehren und Orientierung aufkommen, die sich schnell in transphoben Fragen und Bemerkungen äußern. Leider auch innerhalb der queeren Community. Über fünfzig Prozent dieser Vorfälle würden auf LGTBQIA+ Events passieren, erklärt Samuel. „Auf der Baustelle interessiert das zum Beispiel niemanden“, erklärt der Grazer, der als Restaurator arbeitet.

„Was mit den Kolleg*innen auf der Baustelle geht, sollte überall funktionieren!“

Samuel sei klar, dass Transidentität Neugier erwecke, weshalb er mit Fragen zu seiner Identität oder dem gewünschten Pronomen auch kein Problem habe, sofern diese auf respektvolle Art kommuniziert werden. „Es gibt aber einfach Sachen, die so nicht gehen!“, sagt der 32-Jährige und erzählt von unangemessenen Bemerkungen und Kommentaren, die die eigene Identität in Frage stellen.

Durch den Austausch mit anderen transidenten Personen weiß Samuel, dass er ist nicht allein mit solchen Erfahrungen ist. Zurück bleiben negative Emotionen und erneute Selbstzweifel. Dinge, die eigentlich ganz einfach zu vermeiden wären, vor allem da es dem Gegenüber oft gar nicht bewusst ist, dass eine Grenze der Privatsphäre überschritten wurde. Samuel möchte deshalb bewusst einen Aufruf starten: „Egal in welchem Kontext ihr mit Transidentität zu tun habt, reflektiert eure eigene Irritation und Neugier!“ Schon allein dadurch könne der Großteil von unüberlegten Bemerkungen und Fragen vermieden werden. Wer danach noch immer eine unbändige Neugier verspürt, könne respektvoll nachfragen, oder sich selbst im Internet oder bei Beratungsstellen, wie den RosaLila PantherInnen, zum Thema Transidentität weiterbilden.

Ein Appell, den auch wir unterstützen. Denn wir sind uns einig: In jeder Community, in jedem Kontext und überhaupt: Ein respektvoller Umgang und Menschlichkeit stehen an erster Stelle! Damit wollen wir mit gutem Beispiel vorangehen und bewusst vorleben, was wir uns von der Gesellschaft wünschen!