JÜRGEN PETTINGER, der renommierter Journalist und Autor, ist bekannt für seine einfühlsamen und präzise recherchierten Erzählungen außergewöhnlicher Lebensgeschichten. Für die Eröffnungsshow des Tuntenballs hat er mit eindringlichen Worten die historische Bedeutung dieses Moments eingefangen – und seine Stimme verleiht ihnen besonderen Ausdruck.

Nie wieder, ist jetzt! Nie wieder an den Rand der Gesellschaft drängen lassen. Nie wieder ausgegrenzt, verfolgt, verhaftet oder gar umgebracht werden. Lange, zu lange war queeres Leben unsichtbar, wurde unsichtbar gemacht. Erst vor vergleichsweise kurzer Zeit haben Historiker:innen damit begonnen, die Geschichten queerer Menschen wieder auszugraben, sichtbar zu machen.

Oft sind die die Geschichten von Opfern, die in Gefängnisse gesteckt wurden, in KZs umgebracht wurden, ihr Leben lang als Sexualstraftäter gebrandmarkt wurden, weil sie geliebt haben oder Sex hatten. Immer sind es aber gleichzeitig auch Geschichten von Held:innen, queeren Held:innen, – von Menschen, die mit ihren Möglichkeiten Widerstand geleistet haben, die sich gewehrt haben, wenn auch meist ohne Erfolg. Es sind die Geschichten von Menschen, die heute unsere Vorbilder sein können… die uns zeigen, dass wir nie wieder unsichtbar werden dürfen.
Die LGBTIQ-Community hat viel erreicht – lange hats gedauert, aber immerhin. Wer hätte vor 20 Jahren gedacht, dass gleichgeschlechtliche Paare heiraten, gemeinsam Kinder adoptieren dürfen? – Doch all das steht auf tönernen Füßen. Gesetze können geändert werden, wir sehen es um uns herum, in Ungarn, der Slowakei, in Polen, Russland und in den USA. Und wir sehen es bei uns. Hassverbrechen nehmen wieder zu, Menschen werden auf offener Straße verprügelt, Trans-Personen wird jede Selbstbestimmung, gar die Identität abgesprochen, Menschen werden verprügelt, weil sie Hand in Hand auf der Straße gehen. Zuerst trifft es die, die besonders sichtbar sind. Und darum ist es an uns allen, sichtbar zu sein. Zu strahlen und mit wehenden Regenbogenfahnen in der Mitte der Gesellschaft stehen, nicht nur an Tagen wie diesen, sondern immer.

ANDREAS BRUNNER, Historiker und Co-Leitung Zentrum QWIEN

Wie vielleicht auch manche von euch, erinnere ich mich noch an eine Zeit, in der so ein buntes, vielfältiges, queeres Treiben wie am Tuntenball nicht möglich gewesen wäre. Heute feiern wir sichtbar und ausgelassen!

Als Aktivist seit mehr als 30 Jahren hatte ich immer das Gefühl, dass es vorwärts ging, dass es besser wurde. Wenn es auch mitunter zäh und langsam voran ging. Seit einiger Zeit werden aber Kräfte stärker, die die Uhren zurückdrehen möchten, die uns wieder in die Unsichtbarkeit wünschen. Weltweit, in Ländern, die lange ein Vorbild waren wie die USA, aber auch hierzulande hetzen rechte und konservative Verbindungen gegen uns.

Sie versuchen uns zu spalten, indem sie einzelne Gruppen herauszulösen versuchen. Aktuell sind es Trans-Personen, die sie auslöschen möchten.

Dagegen müssen wir uns wehren, wir dürfen uns nicht spalten lassen, denn wir sind immer ALLE gemeint.

Vergessen wir daher auch so manchen kleinen Zwist untereinander und reichen wir uns die Hände.

STANDING TOGETHER muss das Motto dieser Tage heißen. Denn nur ZUSAMMEN können wir Widerstand leisten!

 

Lasst uns in dieser Einigkeit auch den heutige Tuntenball feiern!